Der Wandel im Bereich der klinischen Studien
Der Wandel im Bereich der klinischen Studien
Die COVID-19-Pandemie hat zwar ein enormes Trauma verursacht und die Gesundheitsbranche auf den Kopf gestellt, aber gleichzeitig auch dazu geführt, dass dringend benötigte Innovationen bei klinischen Studien, vor allem in Form der virtuellen Teilnahme, umgesetzt wurden. Vor der Pandemie gab es zahlreiche Hindernisse, die den meisten Menschen die Teilnahme an klinischen Studien unmöglich machten. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, die im Journal of the National Cancer Institute veröffentlicht wurde, haben beispielsweise nur 8 Prozent der erwachsenen Krebspatienten in den USA an klinischen Studien teilgenommen. Die mangelnde Teilnahme zieht sich durch alle demografischen Schichten. Einer FDA-Analyse klinischer Studien zwischen 2015 und 2019 zufolge haben nur 7 % Afro-Amerikaner und 13 % Hispanoamerikaner in diesem Zeitraum an klinischen Studien teilgenommen.
Aber im Zusammenhang mit Fortschritt gibt es häufig auch mindestens einen Rückschlag. Eine der größeren Hürden, mit denen wir uns in Zukunft auseinandersetzen müssen, ist die Frage, wie Patienten angesichts der neuen Vorschriften des Social-Media-Riesen Meta, dem Facebook und Instagram gehören, rekrutiert werden können. Im Folgenden finden Sie einige Möglichkeiten, wie sich klinische Studien zum Besseren verändern lassen, sowie auch einige der Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind.
Praktischere Überwachungsmöglichkeiten für Teilnehmende durch dezentralisierte Studien
Der rasche Wandel hin zu virtuellen Arbeitsplätzen stellte die Forschenden vor folgende Wahl: Sie konnten ihre Studien entweder dezentralisieren, um den Zugang für Patienten zu erleichtern (z. B. durch eine virtuelle Teilnahme), oder ihre Studien auf Eis legen. Viele Anbieter, wie Florence Healthcare, haben sich für Ersteres entschieden. In ihrem 2021 State of Clinical Trial Technology Industry Report gaben sie an, dass sie im Jahr 2020 bei 76 Prozent ihrer klinischen Studien den Großteil oder die gesamte Patientenüberwachung aus der Ferne durchgeführt haben – ein enormer Anstieg gegenüber den 18 Prozent im Jahr 2019. Florence Healthcare war damit nicht allein. Als die Forschenden zur Ferndatenerfassung übergingen, stellten sie schnell fest, dass die alten Standards nicht so notwendig waren, wie sie angenommen hatten.
Das New Yorker Krankenhaussystem Northwell Health beispielsweise führte im Januar 2021 seine erste vollständig virtuelle klinische Studie durch und war mit den Ergebnissen so zufrieden, dass dies nicht seine letzte virtuelle Studie gewesen sein wird. Ohne die Einschränkung durch Vor-Ort-Termine konnte die dezentralisierte Studie von Northwell Health eine vielfältigere Gruppe von Teilnehmenden rekrutieren als andere Studien.
Der japanische Pharmahersteller Takeda hat bei seinen Studien während der Pandemie ähnliche Erfahrungen gemacht. Aus diesem Grund will das Unternehmen nun seine Richtlinien ändern: Kürzlich teilte es dem Technologieunternehmen Morning Consult mit, dass innerhalb des nächsten Jahres 30 Prozent der neuen Studien den Teilnehmenden die Möglichkeit bieten werden, sich mit den Forschenden virtuell oder an Studienstandorten zu treffen, die besser erreichbar sind als Gesundheitszentren. In einem Jahr soll diese Möglichkeit außerdem für jede neue Studie zur Verfügung stehen.
Weitere Verbesserung dezentralisierter klinischer Studien durch technologische Innovationen
Bei der Durchführung dieser dezentralisierten Studien stützten sich die Forschenden auf technologische Fortschritte in verschiedenen Bereichen, zu denen unter anderem folgende zählten:
- Künstliche Intelligenz (KI)
- Elektronische Einwilligungserklärungen, auch „eConsent“ genannt
- Videokonferenzen
- Tragbare Geräte wie Smartwatches und Fitness-Tracker zur Dokumentation der Vitalwerte der Teilnehmenden
Mit der Dezentralisierung von immer mehr Studien wird sich auch die Technologie weiter verbessern. Laut IBM werden dezentralisierte Studien dann am besten funktionieren, wenn die Technologie so konzipiert ist, dass sie für alle Teilnehmenden praktisch und einfach ist. Dies gilt auch für deren Beteiligungs- und Interaktionsverhalten. Das Unternehmen erklärt, dass Apps zum Beispiel die Berichterstattung von den Geräten der Patienten automatisieren können, sodass die Prüfer automatisch Zeit, Datum, Ort und Art einer medizinischen Interaktion dokumentieren können.
Mit der Optimierung der KI-Fähigkeiten verbessern sich gleichzeitig auch die Möglichkeiten klinischer Studien. Im Sommer 2021 vermeldete Fortune beispielsweise, dass das in London ansässige KI-Unternehmen DeepMind mithilfe von KI-Software „die Molekularstruktur von Hunderttausenden von Proteinen, darunter fast alle Proteine im menschlichen Körper, vorhersagen konnte und die Ergebnisse in einer neuen, frei zugänglichen öffentlichen Datenbank publiziert hat.“
In einem Interview mit Clinical Trials Arena im November 2021 prognostizierte Wout Brusselaers, CEO und Gründer von Deep6 AI, dass KI auch dazu beitragen wird, eine synthetische Population von virtuellen Patienten zu schaffen und zu testen. Darüber hinaus glaubt er, dass KI-Systeme „reale Patienten als Kontrollstichprobe nutzen können, um die Eigenschaften der digitalen Avatare zu verifizieren und weiterzuentwickeln“.
Mögliche Schwierigkeiten bei der zukünftigen Rekrutierung über soziale Medien
Soziale Medien haben sich als großartige Methode für die Rekrutierung von Teilnehmern an klinischen Studien erwiesen, aber das könnte im Jahr 2022 schwieriger werden. Im November 2021 kündigte Meta, der Mutterkonzern von Facebook, an, dass es ab Januar 2022 ein Verbot für Werbetreibende einführen wird, die die Nachrichtenfunktion nutzen, um Patienten aufgrund ihres Gesundheitszustands anzusprechen.
Mit diesem Verbot, das auf Druck von Verfechtern des Patienten-Datenschutzes zustande kam, soll Diskriminierung und Micro-Targeting vulnerabler Gruppen verhindert werden. Doch dies könnte auch eine schlechte Nachricht für Unternehmen sein, die Teilnehmer für klinische Studien über ihre Seite rekrutieren.
Bisher konnten Rekrutierer über Facebook Personen erreichen, die mit Inhalten interagierten, die mit ihrem Studienthema im Zusammenhang standen. Jetzt müssen sie diskreter vorgehen und z. B. Personen in einer bestimmten Region ansprechen. Diese neuen Einschränkungen werden nach Ansicht von Marketingexperten ihre Kosten erhöhen und es schwieriger gestalten, unterschiedliche Bevölkerungsgruppen anzusprechen.
Es ist noch nicht bekannt, ob andere Social-Media-Unternehmen auf den Zug aufspringen und ähnliche Richtlinien einführen werden. Auch wenn sich Rekrutierer an die neue Richtlinie halten müssen, könnte dies bedeuten, dass sie einfach bessere Wege für Rekrutierungen über Ärzte und Krankenhäuser finden.
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